Hasta la Vista, Baby

11. April 2017

Vor über 10 Jahren war die Welt noch in Ordnung. Auf den Servern „werkelte“ Windows Server 2003, und auf den Desktop und Workstations war Windows XP das vorherrschende Betriebssystem (OS). Auf den (wenigen) Mobilgeräten, wie etwa Notebooks und Netbooks wurde ebenfalls Windows XP betrieben – in der Regel wurden die meisten Geräte mit XP ausgeliefert. Mit großen Erwartungen fieberten die „Microsoft-Jünger“ auf den 30. Januar 2007 hin, dem offiziellen Release-Termin für Windows Vista. Der langersehnte Nachfolger sollte laut Microsoft das Arbeiten und die Nutzung des PCs revolutionieren.

Die Liste der unverzichtbaren Features war lang, und reichte von durchschichtigen Fensterrahmen und dem „neuen“ Top-Design (Windows Aero) über die „Sidebar“ mit exquisiten „Minianwendungen“ (etwa Kalender oder die virtuelle Uhr) bis hin zu „ReadyBoost“ um den Systemstart zu beschleunigen. Also auch Top-Features eben. Leider konnten diese Wahnsinns-Neuerungen nicht darüber hinwegtrösten, dass Vista mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen hatte. Auf Mittelklassesystemen konnte Vista nicht gerade mit einer hohen Performance überzeugen.

Die „tollen“ Features – wie etwa Aero – „fraßen“ die Systemleistung geradezu auf. Das führte dazu, dass auf vielen Systemen Aero nicht aktiviert wurde. Schön, dann fühlte man sich wieder wie unter Windows XP. Nur dass Vista auf der gleichen Maschine auch ohne Aero zunächst deutlich langsamer „lief“ wie Windows XP

Die schlechte Treiberunterstützung vermieste den Vista-Käufern zusätzlich den Tag, teilweise dauerte es monatelang bis „vernünftige“ Treiber für bestimmte Hardware-Erweiterungen zur Verfügung standen. Nicht gerade die Sternstunde für Microsoft. Zudem wurden auf den „neuen“ Netbooks und Subnotebooks, die kurz vor Windows Vista auf dem Massenmarkt verbreitet wurden, lieber wieder XP installiert. Vista war schlicht und ergreifend zu langsam bei 1 GByte Arbeitsspeicher und Atomprozessor. Aus dieser Zeit stammen auch Witze über derartig ausgestattete Netbooks: „Der Prozessor ist so langsam, weil er nur aus einem Atom besteht!“

Und wehe dem Einzelhändler, der sich von jeder Vista-Variante (Home Basic, Home Premium, Business, Ultimate) gleich 100 Stück geordert hat. Die Reste (etwa 88 Stück von jeder Variante) konnten dann etwa zweieinhalb bis drei  Jahre später mit viel Glück noch als Basis für eine Windows-7-Upgrade-Version zu besonders günstigen Konditionen „vertickt“ werden. Die danach übrig gebliebenen 64 Stück (pro Vista-Version, sprich etwa 256 Vista-Boxen insgesamt) eigneten sich hervorragend als Füllmaterial für Umverpackungen, oder wurden in der Wüste von New Mexico vergraben – gleich neben den 1300 Kopien des „legendären“ E.T.-Spiels von Atari.

Auch die Unterteilung in derart viele Versionen trug nicht gerade dazu bei, dass sich Vista als „Liebling“ der breiten Windows-Masse etablieren konnte. Typische Gespräche beim PC-Shop „um die Ecke“ liefen in etwa so ab:

Kunde: „Guten Tag, ich hätte gerne Windows Vista!“

Verkäufer: „Hallo. Gerne doch, welche Version?“

Kunde: „Vista. Windows Vista.“

Verkäufer: „Ja ich meine welche Version, also Home Basic, Home Premuim, Vista Business oder die Ultimate-Version – Sind sie Heimanwender?“

Kunde: „Heimanwender? Also bisher hatte ich Windows XP…“

Verkäufer: „Ok, ich frage mal anders: Für was benötigen sie den das neue Vista?"

Kunde: „Für meinen PC.“

Verkäufer: „Ähm ja verständlich, was wollen Sie denn mit Vista machen?“

Kunde: „Es auf meinem PC installieren??“

Verkäufer: „OK also Vista Home Basic kostet 229 Euro, Home Premium kostet 299 Euro, Business 369 und Ultimate 499 Euro.“

Kunde: „Dann nehme ich das günstigste, oder?“

Verkäufer: „Da ist aber Aero nicht mit dabei und es gibt Einschränkungen bei den Multi-Media-Funktionen.“

Kunde: „Und das Premium?“

Verkäufer: „Das kostet 299 Euro und ist an Heimanwender gerichtet – mit Aero, guten Multi-Media-Funktionen, aber nicht für den Einsatz im Geschäftsumfeld geeignet.“

Kunde: „Ja ich wollte auch meine Rechnungen mit dem PC schreiben, brauche ich dazu dann die Geschäftsversion?“

Verkäufer: „Nicht unbedingt, wenn Sie keine Domäne in ihrem Netzwerk einsetzen, sind Sie nicht auf Business angewiesen. Rechnungen können Sie natürlich auch mit Home Premium schreiben, wenn sie die passende Software installieren.“

Kunde: „Hmm schwierig. Was kann denn die Professional-Version?“

Verkäufer: „Professionell gibt es nicht mehr, das war bei Windows XP“

Kunde: „Ah OK. Und was ist mit der ultimativen Version?“

Verkäufer: „Ultimate hat alle Funktionen, kostet aber 499 Euro“

Kunde: „Das ist mir zu teuer!“

Verkäufer: „Dann nehmen Sie doch Home Premium und falls es nicht reicht können Sie später mit „Anytime Upgrade“ auf eine höhere Version umstellen.“

Kunde: „Auch auf Pro?“

Verkäufer: „Nein Pro gab es bei Windows XP“

Kunde: „Ok, vielen Dank, ich überleg mir das nochmal“

In diesem Sinne: Danke Vista – für die tolle Zeit, die Wahnsinns-Features, und dass du in Richtung Windows 7 weiterentwickelt wurdest. Wir sehen uns in der Hölle!

Florian Huttenloher

Lesen Sie auch