Windows 11 für Admins: Überblick, erste Informationen und die Vorabversion

1. Juli 2021

Die Aussage war eindeutig: Eigentlich hatte Microsoft vor nicht allzu langer Zeit verlauten lassen, dass Windows 10 „das letzte Windows-System“ sei – danach gäbe es nur noch Builds und Versionsnummern. Nun ist mal wieder alles anders und mit großem Marketingaufwand wurde Windows 11 angekündigt. Ein erster Blick auf das kommende Betriebssystem aus der Sicht der IT-Profis.

Nun ist es also doch passiert: Microsoft hat am 24. Juni mit großem Marketingaufwand und einer durch technische Probleme arg belastete Online-Präsentation angekündigt, dass die nächste Version des Client-Betriebssystems nun die Bezeichnung Windows 11 tragen werde. Gerade aus Sicht von professionellen IT-Anwendern war diese Veranstaltung nicht nur wegen der häufigen Unterbrechungen und Aussetzer insgesamt weniger interessant.

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Auch relativ neue Hardware oder gar ein Microsoftgerät (hier ein SurfaceBook 2) schützen nicht vor Inkompatibilität: In diesem Fall zeigt „WhyNotWin11“, dass die Core i5-CPU der 7. Generation nicht den Ansprüchen genügt.

Die Präsentationen zielten doch sehr deutlich auf einen Markt von Endanwendern, was unter anderen durch die begeisterte Präsentation von Windows 11 als Plattform für Spiele unterstrichen wurde.

Seit Anfang der letzten Juniwoche stand Nutzern, die sich als Windows-Insider zuvor für Entwicklerkanal eingetragen haben, die erste Insider-Version mit der Build-Nummer 22000.51 als Update für ein Windows-10-System zur Verfügung. Interessanterweise benennt Microsoft diese Version in strenger Fortsetzung der Bezeichnungen von Windows 10 dann auch als Version 21H2. Die Aussagen in diesem Artikel beziehen sich auf diese Version und auf diverse Blog-Einträge von Microsoft-Mitarbeitern.

Natürlich können und werden sich einige Features bis zu einer endgültigen Version noch verändern oder auch komplett verschwinden. Wir haben diese Insiderversion in einer virtuellen Maschine unter VMware Workstation 15 auf einem Windows 10 System ausgetestet.

Das Problem mit den Systemanforderungen

Sicher war es vielen Zusehern dabei zunächst nur am Rande bewusst, was es bedeutete, als Panos Panay, Chief Product Officer for Windows+ Devices bei Mikrosoft, während der Präsentation von der Wichtigkeit redete, die dieses neue Betriebssystem für die Hardware-Partner hätte: Auf vielen vorhandene Windows-Geräte wird es nach dem aktuellen Stand aufgrund der Systemanforderungen  nicht möglich sein, Windows 11 einzusetzen.

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Auch wenn die Windows-Einstellung mit runden Ecken sehr viel eleganter aussehen, hat sich doch an der Struktur und dem Aufbau der Einstellung im Vergleich zu Windows 10 wenig getan.

So war es bisher ein unbestreitbarer Vorteil von Windows – gerade im Vergleich zu den Apple-Systemen, bei denen die Nutzer schon früher regelmäßig zum Kaufen neuer Hardware „gezwungen“ wurden – , dass auch ältere Systeme mit einem neuen Windows ausgerüstet werden konnten. Gerade mit Windows 10 haben wir beim Einsatz auf älterer Hardware immer wieder sehr gute Ergebnisse erzielen können. Nun setzt Microsoft jedoch eine harte Grenze: Es reicht nicht mehr aus, einen „1 Gigahertz (GHz) oder schneller mit 2 oder mehr Kernen auf einem kompatiblen 64-Bit-Prozessor oder SoC (System on a Chip)“ Prozessor einzusetzen. Jetzt müssen beispielsweise beim Einsatz von Intel-CPUs diese mindesten aus der 8. Generation der Prozessorline stammen. Zur Erinnerung: Die 7. Generation (Kaby Lake) stand erstmal Ende 2016 zur Verfügung und dürfte in vielen Geräten aus den Jahren zwischen 2017 und 2020 nach wie vor ihre Dienste tun.

Das bedeutet unter anderem, dass auch eine Reihe von Microsoft Surface-Geräte, die mitnichten zum „alten Eisen“ zählen, den Wechsel nicht vollziehen können. Microsoft stellte ein sogenanntes „PC Health Check“-Programm zum Testen der Kompatibilität bereit, dass aber nicht nur durch wenig aussagekräftige Meldungen glänzte, sondern auch Fehler aufwies, so dass man es jetzt wohl in Redmond überarbeitet.

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Legacy in der „tieferen Bereichen“: Wer sein Windows-11-System in die Domäne bringen will, bekommt altbekannte Windows-Fenster zu sehen.

Die Open-Source-Entwickler sind da mal wieder schneller: Auf GitHub steht das Tool „WhyNotWin11“ bereit, das direkt auf einem Windows-10-System gestartet werden kann und zeigt, welche der aktuell bekannten Vorbedingungen für den Einsatz von Windows11 das System erfüllt oder nicht erfüllt. Für die aktuell im Juni vorab erhältlichen Insider-Versionen von Windows 11 wurden laut Aussage von Microsoft diese Einschränkungen zu einem Großteil „ausgeschaltet“, so auch die Installation in einer virtuellen Maschine problemlos gelingen kann.

TPM als „eingebaute Sicherheit“

Alle bisherigen Vorabversionen, die von Windows 11 zur Verfügung stehen, verlangen zudem, dass Desktop, Notebook oder auch der Tablet-Rechner mit einem TPM (Trusted Platform Modul) in der Version 2.0 ausgestattet sind. Ein solches Modul ist wohl aktuell bereits auf vielen Motherboard als spezieller Chip vorhanden, wenn oft auch noch in der Vorgängerversion 1.2.

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Das Startmenü lässt sich auch wieder nach links verschieben und er von vielen Nutzern bevorzugte „Dark Mode“ steht ebenfalls nach wie vor zur Verfügung.

Microsoft begründet den Zwang zum Einsatz eines solchen Hardwarebauteils mit der Einführung eines weitgehenden „Zero Trust“-Konzepts für Windows 11. TPM stützt dann dabei die sogenannten Virtualization Based Security (VBS), die Hypervisor-Protected Code Integrity (HVCI) und auch integriertes Secure Boot. Diese Techniken standen zwar teilweise auch schon unter Windows 10 zur Verfügung, wie auch der TPM-Chip in vielen System bereits vorhanden war, aber nicht zum Einsatz kam. Bei den meisten Endnutzern dürfte diese Funktion im BIOS auch heute noch ausgeschaltet sein.

Das TPM-Modul soll dann auch Windows Hello for Business unterstützen, damit Nutzer sich ohne die üblichen Passwort-Abfragen anmelden können. Dabei verweist Microsoft auch mehrfach auf einen künftigen Sicherheits-Controller namens Pluton, der – geht es nach Microsoft – Teil der Intel-, AMD- und ARM-Prozessoren werden und eng mit TPM zusammenarbeiten soll aber laut bisherigen Spezifikation dieses Modul nicht notwendigerweise benötigt. Nach wie vor ist es nicht eindeutig klar, ob das Vorhandensein eines TPM-Moduls eine weitere zwingende Voraussetzung für die Installation der endgültigen Version von Windows 11 sein wird, aber im Moment deuten viele Aussagen der Microsoft-Mitarbeiter in diese Richtung.

Updates, Lifecycle und was nun fehlt

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Der Explorer kann – wie schon zuvor in einigen Insider-Versionen von Windows 10 – nun mit neuen Icons im „Fluent Design“ aufwarten.

Es ist sicher eine gute Nachricht für die IT-Abteilungen aber natürlich auch für die Endanwender, dass es bei Windows 11 nur noch ein Feature-Update pro Jahr geben wird. Nach dem bisherigen Stand soll das dann jeweils im Herbst geschehen. Diese Feature-Updates werden dann sowohl in der Home-Version als auch in Versionen Pro, „Pro for Workstations“ und „Pro Education“ jeweils 24 Monate Support erhalten.

Die Ausprägungen Enterprise und Education werden hingegen 36 Monate Unterstützung durch den Support mit Bugfixes und Sicherheitsupdates unterstützt. Auf der zugehörigen Webseite  gibt Microsoft weitere Informationen zu Planung und Bereitstellung von Windows 11.

Bei jeder neuen Ausprägung eines Betriebssystems ist es ebenso wie bei einem Feature-Update nicht nur interessant, was hinzugekommen ist, sondern auch welche Features und Teile des Systems Administratoren und Nutzer dann nicht mehr vorfinden werden. Ein Feature, dass bisher weder unter IT-Profis noch bei den „normalen Nutzer“ richtig punkten konnte war die Assistenzsoftware Cortana. Sie erscheint unter Windows 11 weder bei der Installation noch ist sie in der Taskleiste zu finden.

Die App ist allerdings immer noch vorhanden, so dass Nutzer sie explizit aufrufen können. Der Internet Explorer ist deaktiviert, wobei der Standard-Browser Edge mit einem IE-Modus aufwarten kann, was in bestimmten Systemumgebungen, die auf IE-Funktionalitäten setzen, durchaus sinnvoll sein kann. Der insgesamt auch nicht besonders populäre S-Modus, in dem Nutzer beispielsweise nur Apps aus dem Microsoft Store installieren und nutzen können, steht nur noch für die Home-Version von Windows 11 zur Verfügung.

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Verbessertes Fenstermanagement: Was einige Nutzer vielleicht schon von den „PowerToys“ ist nun Teil von Windows: Eine schnelle Möglichkeit die Fenster auf dem Bildschirm geordnet darzustellen.

Skype ist nicht mehr automatisch Teil von Windows 11. Bei einem Upgrade von Windows 10 wird dieses Programm allerdings nicht entfernt. Ein Teams-Client soll dafür als Ersatz zum Teil des Betriebssystems werden, steht aber auf der aktuellen Vorabversion Build-Nummer 22000.51 noch nicht zur Verfügung. Das Startmenü hat ein weiteres Mal eine Überarbeitung erfahren, wobei das Wegfallen der Live-Kacheln sicher von vielen Anwendern als Vorteil empfunden wird.

Die Zeitleiste, die es erlaubte die bisherigen Tätigkeiten auch über mehrere Systeme hinweg aufzulisten, ist ebenfalls nicht mehr Teil des Betriebssystems. Eine ganze Reihe von Änderungen wurde bei der Taskleiste vorgenommen, so sind beispielsweise die Kontakte dort nicht mehr zu finden. Wie in anderen Bereichen auch, bleiben die grundsätzlichen Einstellungen für die Taskleiste aber gleich.

Sprechen wir über das Design und den Umstieg

Neue Windows-System haben es in der Zwischenzeit sogar in die Berichterstattung von Publikums- und Boulevardpresse geschafft und so wird überall das neue Design von Windows 11 als wichtiges Feature gefeiert. Für die IT-Profis und gerade für die Kollegen im Helpdesk bedeutet ein neues Betriebssystem mit neuer (oder auch nur veränderter Oberfläche) einen erheblichen Anstieg der Vorfälle in Form von „Die Einstellung ist weg“ oder „Wo finde ich denn jetzt…?“.

Die gute Nachricht in Bezug auf Windows 11 besteht sicher darin, dass sich die Oberfläche zwar auf den ersten Blick deutlich geändert hat – was sicher nicht nur an den runden Ecken der Fenster liegt – dass die grundsätzliche Funktion sowie die Struktur der Menüs aber erhalten blieb. So ist es unter Windows Einstellungen/Personalisierung/Taskleiste auch problemlos möglich, das Startmenü und andere Icons auf dem Bildschirm wieder nach ganz links zu verbannen, was Umsteigern die „Eingewöhnung“ erleichtern dürfte.

Allerdings ist es nicht mehr möglich, die Taskliste vertikal an den linken oder rechten Bildschirmrand sowie horizontal an den oberen Bildschirmrand zu positionieren. Insgesamt sollten aber Anwender, die mit Windows 10 gearbeitet haben, auch recht schnell mit dem Desktop von Windows 11 zurechtkommen.

Insgesamt erscheint uns die Oberfläche rein subjektiv aufgeräumter und eleganter, als wir es bisher von Windows 10 gewohnt waren. Dazu trägt nach unserer Einschätzung auch bei, dass die „Kachelüberreste“ von Windows 8 und gerade auch die bewegten Live-Kacheln nicht mehr Teil des Betriebssystems sind. Und endlich, ja endlich hat irgendjemand bei Microsoft auch unsere Klage erhört: Die virtuellen Desktops können unter Windows 11 nun endlich – wie es bei Linux und Open-Source-Lösungen schon lange der Fall ist – auch mit unterschiedlichen Hintergrundbildern ausgestattet werden. Eine Kleinigkeit, durch die aber das Arbeiten mit verschiedenen Desktops aus unserer Sicht deutlich besser und übersichtlicher wird.

Wie sieht es nun für Unternehmen aus mit der Einführung von Windows 11? Die Microsoft-Mitarbeiten betonen dazu in verschiedenen Blog-Beiträgen, dass alle Werkzeuge, die bereits heute zur Verteilung und Verwaltung von Windows 10 in den Unternehmen im Einsatz sind, auch mit Windows 11 auf die gleiche Weise eingesetzt werden können. Software, die unter Windows 10 läuft, soll dann ebenso unter Windows 11 eingesetzt werden können. Technisch verhalte sich der Umstieg auf Windows 11 genauso wie bisher ein Feature-Update bei den Windows-10-Versionen.

Allerdings werden viele Unternehmen, gerade solche auch aus dem KMU-Bereich, einem Umstieg auf Windows 11 allein schon wegen der stark gestiegenen Systemanforderungen und den damit verbundenen Kosten für neue Hardware eher skeptisch gegenüberstehen. Schließlich wird Windows 10 noch bis zum 14.Oktober 2025 unterstützt und im zweiten Halbjahr 2021 wird – so jedenfalls der augenblickliche Stand – auch noch eine 21H2- und eine LTSB-Version von Windows 10 erscheinen. Somit sollte auch einem Parallelbetrieb von Windows-10-Rechnern und neuer Hardware mit Windows 11 grundsätzlich nichts im Wege stehen.

Thomas Bär und Frank-Michael Schlede sind freie Autoren und Spezialisten im Windows-Umfeld.

Microsoft Windows 11

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