Vorurteile gegenüber Festplatten im Faktencheck

15. September 2022

Aus den meisten heutigen Endgeräten sind Festplatten inzwischen verschwunden, dennoch tut man dem Speicherklassiker unrecht, wenn man ihn bereits zum alten Eisen zählt. Schließlich lassen sich viele Vorurteile, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, bei näherer Betrachtung nicht halten. Daher sollte man mit den am weitesten verbreiteten Fehleinschätzungen aufräumen.

Das erste vermeintliche Manko lautet: HDDs liefern keine zeitgemäße Performance. Mit einer einzelnen Enterprise-SSD, die etwa 2.500 Megabyte pro Sekunde überträgt und 100.000 IOPS erreicht, vermag eine Enterprise-Festplatte mit ihren 250 Megabyte pro Sekunde und 400 IOPS tatsächlich nicht mitzuhalten.

Allerdings steckt in den Speichersystemen von Unternehmen, Cloud-Anbietern und Hyperscalern anders als in Computern nicht nur jeweils ein Datenträger – die Storage-Arrays sind üblicherweise mit einigen Dutzend Laufwerken bestückt. In einem solchen Verbund schaffen Festplatten über 5 Gigabyte pro Sekunde und mehr als 10.000 IOPS, was für viele moderne Anwendungen ausreichend ist. Da ihre Stückkosten zudem deutlich unter denen von SSDs liegen, ist es auch wirtschaftlicher, die Systeme mit vielen HDDs statt wenigen SSDs auszustatten.

Eine Frage der Lebensdauer

Weitere Kritik konzentriert sich auf die Aussage: HDDs haben eine kurze Lebensdauer. Aufgrund der Festplattenmechanik mit ihren beweglichen Teilen wird HDDs häufig ein hoher Verschleiß nachgesagt. Tatsächlich fallen sie aber nicht schneller oder häufiger aus als SSDs – die Mean Time To Failure (MTTF) liegt bei den meisten HDD- und SSD-Modellen der Enterprise-Klasse bei 2,5 Millionen Stunden, was einer Annualized Failure Rate (AFR) von 0,35 Prozent entspricht.

In einem Rechenzentrum mit 2.000 Laufwerken müssen Unternehmen statistisch gesehen also sieben Festplatten pro Jahr austauschen. Damit es nicht mehr werden, sollten sie darauf achten, dass sie die von den Herstellern spezifizierten Umgebungsbedingungen wie Temperatur und Vibrationen einhalten und die Festplatten entsprechend ihrem vorgesehenen Verwendungszweck einsetzen.

Desktop-HDDs sind nicht für den 24/7-Betrieb und die hohen Arbeitslasten in einem Server- oder Speichersystem ausgelegt und verschleißen dort schnell. In der Regel verkraften sie eine Arbeitslast (Rated Workload) von jährlich 55 Terabyte, während NAS-HDDs 180 und Enterprise-HDDs sogar 550 Terabyte pro Jahr bewältigen.

Energieverbrauch als Kriterium

In Zeiten der Energieeinsparung kommt eine dritte Argumentationskette auf: HDDs verbrauchen viel Strom. Auch beim Stromverbrauch wird der Festplatte die Mechanik gerne negativ ausgelegt, doch moderne Laufwerke mit Helium-Füllung sind ziemlich genügsam.

Weil der größte Teil der Energie für die Rotation der Spindeln aufgewendet wird, liegt ihr Stromverbrauch unabhängig von der Kapazität und Arbeitslast bei etwa 7 bis 8 Watt. SSDs, die ähnlich viel Speicherplatz wie eine Festplatte bereitstellen, benötigen bei gleichem Datendurchsatz genauso viel oder sogar mehr Strom.

Allerdings hängt der Stromverbrauch bei ihnen direkt von der Kapazität ab, während Festplatten immer eine gewisse Basisleistungsaufnahme für die Spindelrotation haben. Dadurch punkten SSDs bei Kapazitäten unter einem Terabyte, wie sie in den meisten portablen und batteriebetriebenen Geräten stecken.

Technologiefortschritte

Und noch ein Vorwurf: HDDs sind Technik von gestern. An der grundlegenden Technik von Festplatten mag sich seit ihren Anfangstagen nichts geändert haben, doch die eingesetzten Komponenten, Materialien und Aufzeichnungsverfahren werden kontinuierlich weiterentwickelt.

Dadurch steigen die Speicherkapazitäten der Laufwerke seit Langem schon um etwa 2 Terabyte pro Jahr, und das bei gleichbleibenden Kosten. Erst im vergangenen Jahr kamen die ersten Modelle auf den Markt, die das neue Aufzeichnungsverfahren MAMR (Microwave Assisted Magnetic Recording) nutzen.

Hier steuern und bündeln Mikrowellen am Schreibkopf den magnetischen Fluss, sodass weniger Energie für das Magnetisieren der Bits benötigt wird. Infolgedessen können die Schreibköpfe kleiner ausfallen und Daten dichter schreiben. Nach Einschätzung von Experten werden die Kapazitäten von Festplatten durch die Weiterentwicklung von MAMR in den nächsten Jahren auf bis zu 50 Terabyte steigen.

„Es gibt keinen Grund, abschätzig auf Festplatten herabzuschauen, denn die Technik ist hochmodern und aus Rechenzentren, Cloud-Infrastrukturen und NAS-Systemen einfach nicht wegzudenken. Das zeigen auch die konstant hohen Absatzzahlen von mehr als einer viertel Milliarde Laufwerken pro Jahr“, betont Rainer W. Kaese, Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe. „Die üblichen Vorurteile gegenüber Festplatten lassen sich leicht entkräften, und angesichts schnell wachsender Datenmengen werden uns HDDs noch lange erhalten bleiben. Kein anderes Speichermedium bietet so hohe Speicherkapazitäten zu so günstigen Kosten – heute, und auch in den nächsten Jahren.“ (rhh)

Toshiba Electronics Europe GmbH

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