Neuheiten Hyper-V & Windows Server 8, Teil 1
21. März 2012Die Virtualisierung ist für Microsoft ohne Zweifel ein wichtiges Thema – trotzdem hatte der Softwareriese aus Redmond bisher ein Problem, wenn darum ging mit dem Marktführer in diesem Bereich gleichzuziehen. Mit dem Windows Server 8 und der dazu gehörigen Version 3 des Hyper-V soll das ganz anders werden: John Savill stellt in diesem ersten Teil eines ausführlichen Artikels die Neuerungen und Verbesserungen vor, die den Administratoren mit dem neuen Hyper-V zur Verfügung stehen werden.
Microsoft hat schon im Vorfeld der Präsentation dieses Beta-Releases von Windows Server 8 eine klare Botschaft verbreitet: Der Windows Server 8 soll sowohl als Betriebssystem als auch als Virtualisierungs-Plattform ebenso für interne Systemumgebungen (Private Clouds) wie für öffentliche „Public Clouds“ zum Einsatz kommen. Damit Windows Server 8 als echtes „Cloud-Betriebssystem“ eingesetzt werden kann, muss gerade der Hyper-V eine entsprechende Skalierbarkeit und Flexibilität ebenso wie entsprechende Sicherheit und Isolationsmöglichkeiten aufweisen können.
Ein Blick auf die Entwicklung des Hyper-V
Direkt nach dem ersten Release des Windows Server 2008 hat Microsoft dann auch den Hyper-V auf den Markt gebracht. Diese „Original-Version“ von Microsofts Virtualisierungslösung konnte zwar schon mit einer ordentlichen Performance aufwarten, aber die Features in Bezug auf Mobilität und Flexibilität ließen zu diesem Zeitpunkt doch noch einige Wünsche offen: So war ein Verschieben der virtuellen Maschinen nur mit Hilfe einer Technik zu bewältigen, die vom Hersteller etwas euphemistisch als Quick Migration bezeichnet wurde.
Dabei mussten zum „Bewegen“ einer VM zunächst immer der Inhalt des Hauptspeichers der virtuellen Maschine sowie ihr Status auf der Platte abgespeichert werden. Da in dieser Version auch kein echter „Shared Storage“ zur Verfügung stand, mussten die Disk vom aktuellen Host-System abmontiert (dismounted) an dann wieder mit dem neuen Host-System verbunden werden. Dann konnten der Inhalt des Hauptspeichers und der Status der VM wieder von der Platte geladen und die virtuelle Maschine gestartet werden. Eventuell mit dieser Maschine verbundene Clients wurden für diese Aktion vom System getrennt –diese „Quick Migration“ war weder bei den Administratoren noch den Anwendern sehr beliebt. Eine weitere Einschränkung betrifft das sogenannte NIC-Teaming (mit dem mehrere Netzwerkkarten „zusammengefasst werden können), das der Hyper-V auf dem Windows Server 2008 ebenfalls noch nicht unterstützen konnte.
Mit der Verfügbarkeit der R2-Version des Windows-Servers hat Microsoft dann die Fähigkeiten der Virtualisierungslösung deutlich erweitert. Endlich stand mit der Live-Migration eine Möglichkeit zur Verfügung, eine Migration ohne „Down-Time“ durchzuführen. Zudem können alle Knoten in einem Cluster seit diesem Release auch auf geteilte NTFS-Volumen sowohl lesend als auch schreibend zugreifen. Dies geschieht dabei mit Hilfe der „Cluster Shared Volumes“, die der Windows Server 2008 ab der R2-Version unterstützt.
Das NIC-Teaming und eine Wunschliste…
Auch das NIC-Teaming wird in dieser Server-Version unterstützt, kann in seiner Ausprägung aber je nach Hersteller der Netzwerkkarten etwas unterschiedlich ausfallen. Zu den weiteren fortgeschrittenen Netzwerkmöglichkeiten gehören nun auch die Unterstützung der sogenannten „Jumbo Frames“ und der Einsatz einer Virtual Machine Queue (VMQ).
Weitere Verbesserung stellten die Entwickler dann mit dem Service Pack 1 für den Server zur Verfügung. Neben dem Feature „Dynamic Memory“, das die Speicherverwaltung der virtuellen Maschinen deutlich verbessert, können die Administratoren nach Installation von SP1 nun auch mit Remote FX eine Unterstützung für Server-basierte Grafik einsetzen, die besonders in den VDI-Umgebungen (Virtual Desktop Infrastructure) von Microsoft sinnvoll erscheint. Allerdings – und bestehen dann noch deutliche Einschränkungen für den professionellen Einsatz – unterstützt Hyper-V in diesem Release nach wie vor nur VMs mit bis zu vier virtuellen CPUs (vCPUs), 64 MByte Speicher und nur 16 Knoten pro Cluster.
Was die Anwender gerne hätten: Professionelle Features
Unser Autor John Savill hat in seiner täglichen Praxis mit vielen Anwendern und Administratoren gesprochen und war oftmals an entsprechenden Hyper-V Projekten beteiligt. Dabei konnte er grundsätzlich feststellen, dass der Hyper-V in seiner Ausprägung auf dem Windows Server 2008 R2 mit SP1 in Zusammenarbeit mit dem System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) allen Ansprüchen gerecht wird, die an die Virtualisierung der Systeme gestellt werden und sich zudem im Praxiseinsatz gut bewährt hat. Allerdings existieren auch genug Firmen, die gerade in bestimmten Bereichen noch entsprechende Änderungen und Erweiterungen bei „ihrem“ Hyper-V erwarten. Dazu gehörten zumeist die folgenden Punkte:
- Skalierbarkeit der virtuellen Maschinen (beziehungsweise die Möglichkeit, mehr als vier CPUs in einer VM einzusetzen).
- Die Möglichkeit, virtuellen Speicher ohne Downtime zu migrieren.
- Ein Feature, das es ermöglicht Schnappschüsse zusammenzuführen, während die VM online ist.
- Mehr Knoten pro Cluster.
- Die Möglichkeit, mit Hilfe der Live-Migration mehr als eine VM gleichzeitig zu migrieren. In diesem Zusammenhang wird häufig auch der Wunsch genannt, eine Migration zwischen nicht-geclusterten Knoten durchführen zu können.
- Ein voll unterstütztes, natives NIC-Teaming, das es den Administratoren erlaubt, auch Netzwerkkarten unterschiedlicher Anbieter zusammen zu binden.·
- Eine Netzwerk-Isolation und –Virtualisierung.
- Eine native Cluster-Patching-Lösung für Hyper-V
- Die Fähigkeit, nicht-lokale und SAN-Optionen (wie File-Shares) als Speicher für die virtuellen Maschinen einsetzen zu können sowie
- Unterstützung größerer Microsoft Virtual Hard Disks (VHDs). Dabei sollten auch VHDs größer als 2 TByte unterstützt werden und schließlich
- eine Storage-Deduplizierung.
Microsoft verspricht nun, mit der Verfügbarkeit des Windows Servers 8 diese Features und weitere Verbesserungen/Ergänzungen bereitzustellen. Dazu zählt dann unter anderem die Unterstützung von virtuellen Maschinen mit bis zu 32 CPUs und einem Speicher von bis zu 512 GByte. Weiterhin wurden die Unterstützung von Cluster mit bis zu 63 Knoten, ein VHD-Format, das bis zu 16 TByte reicht und eine neue NIC-Teaming-Lösung angekündigt.
Viele dieser neuen Eigenschaften und Möglichkeiten können direkt durch den neuen Server-Manager im Metro-Stil (Bild 2) und die deutlich erweiterte PowerShell in der Version 3.0 konfiguriert und gesteuert werden. Wir werden auf all diese Features in weiteren Artikel sowohl hier online als auch in der Print-Ausgabe von NT4Admins noch sehr viel detaillierter eingehen. In diesem speziellen Artikel stellt John Savill aber zunächst einmal die Erweiterungen im Bereich Hochverfügbarkeit und die Verbesserung bei den Migrationsfähigkeiten vor, die er als besonders gut und gelungen einstuft.
Unterstützung des Server Message Block Share (SMB 2.2)
Wer vor dem Windows Server 8 eine Migration ohne Unterbrechung (Zero Downtime Migration) durchführen wollte, musste zu diesem Zweck Storage zwischen den beiden Knoten der VM-Migration bereitstellen. Beide Knoten mussten dabei dazu in der Lage sein, auf diesen externen Speicher zugreifen, ihn „sehen“ zu können. Mehrere Knoten konnten dabei nur auf einen Speichertyp – nämlich externen Speicher – in dieser Art und Weise zugreifen. Dabei konnte es sich beispielsweise um SAN-Speicher handeln, mit dem alle Knoten im Cluster via iSCSI oder Fibre-Channel verbunden waren. Zudem musste über Cluster Shared Volumes ein gleichzeitiger Zugriff auf diesen Speicher möglich sein.
Für viele Firmen war diese Bedingung, einen entsprechenden externen Speicher vorhalten zu müssen, ein echtes Problem: Vielfach konnten oder wollten sie nicht in eine derartig aufwändige Infrastruktur investieren oder es war so, dass diese Unternehmen ausschließlich auf NAS-Lösungen setzten. Gerade für diese Kunden haben die Microsoft-Ingenieure im Windows Server 8 das SMB-Protokoll (Server Message Block) in der neuen Version 2.2 implementiert. Zu den neuen Features, die dadurch direkt zur Verfügung stehen, gehört unter anderem die Möglichkeit, virtuellen Maschinen nun auf einem SMB File Share abzulegen, wobei dann auch die Integrität und die Verbindung zu den VMs voll gewährleistet ist.
Soll eine derartige Dateifreigabe zum Einsatz kommen, so müssen sowohl der File-Server als auch der Hyper-V unter Windows Server 8 betrieben werden. Die virtuellen Maschinen können dabei auf einer Dateifreigabe für Standalone Hyper-V Server und solche Hyper-V Server abgespeichert werden, die wie in Bild 1 gezeigt ein Teil eines hochverfügbaren Failover-Clusters ist. Dabei kann der Einsatz eines solchen SMB File-Shares durchaus mit anderen Virtualisierungs-Lösungen verglichen werden, bei denen das Protokoll NFS (Network File System) für Remote-Storage auf der Dateiebene zum Einsatz kommt. Wer in seiner Installation eine größerer Flexibilität benötigt, kann mehrere Dateifreigaben innerhalb eines Hosts oder eines Failover-Clusters einsetzen.
Aber es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Verbesserungen, die das SMB-Protokoll unter Windows Server 8 betreffen: So stehen File-Shares nun unterbrechungsfrei ebenso wie ein Provider für den Microsoft Volume Shadow Copy Service (VSS) für Remote File Shares zur Verfügung.
Weiterhin wird die Verwendung dieser Dateifreigaben durch die Verfügbarkeit einer sogenannten Multichannel Connectivity für große Bandbreiten beziehungsweise für Failover-Funktionalitäten ebenfalls deutlich verbessert und bringt den Einsatz von SMB im Umfeld der Speicherung von virtuellen Maschinen nun endlich auf ein professionelles Niveau.
Wir werden die Beschreibung der neuen Funktionalitäten des Hyper-V in einem zweiten Artikel hier auf NT4Admins fortsetzen, in dem sich John Savill dann unter anderem eingehend mit der Live Migration und dem Feature Hyper-V Replica befassen wird.