Lizenzmanager: als Konfliktsucher und -löser im Einsatz
13. Januar 2020Bevor ein Software-Hersteller ein Audit ansetzt, sollte eine Firma wissen, wo etwaige Risiken bestehen. Zu dieser Erkenntnis führt ein Lizenzmanager, der zwischen IT, Einkauf und Chefetage vermittelt. Dafür muss er als Mediator jedoch gewisse Dinge mitbringen und leisten können.
Das IT-Team stemmt den Betrieb, plant und realisiert parallel neue Projekte. Es muss Budgets einhalten und darf keine Mehrkosten produzieren. Jedoch können Fehler, die zu Lizenzverstößen führen, im kurzweiligen Alltag auch dem versiertesten Administrator passieren. Es geht nun mal schnell, dass man versehentlich ein paar virtuelle Maschinen (VM) ins falsche Cluster seiner VMware-Umgebung kopiert.
Zunächst würde das niemanden auffallen. Jedoch findet spätestens ein Wirtschaftsprüfer, den ein Software-Hersteller mit dem Audit beauftragt hat, dann das vermeintliche Malheur. Dieses stellt sich als ein relevanter Lizenzverstoß heraus, für den der Hersteller am Ende des Audits nicht selten einen sechs- bis siebenstelligen Rechnungsbetrag präsentiert.
Solche Nachzahlungen treiben jedem IT-Leiter die Schweißperlen auf die Stirn. Der verantwortlichen Person fehlt allerdings in der Regel die Zeit, sich – so intensiv wie es nötig wäre – mit dem Lizenzmanagement zu beschäftigen. Schließlich setzen die großen Software-Hersteller alle zwei bis vier Jahre ein Audit an.
Während nun eine mittelständische Firma einen Verantwortlichen für diese Aufgabe sucht, teilen sich in Konzernen häufig mehrere Fachkräfte den Job. Denn keiner kann die unterschiedlichen Lizenzbestimmungen sowie die Prüfmodalitäten sämtlicher Hersteller vollständig im Blick haben – erst recht, wenn eine internationale Unternehmensstruktur das Prüfen der lizenzkonformen Software-Nutzung erschwert. Unabhängig vom Umfeld gilt: Es wartet ein anspruchsvoller Full-Time-Job, der IT-Wissen sowie soziale Kompetenz verlangt.
Quereinsteiger aus den eigenen Reihen
In der Praxis übernehmen oft Quereinsteiger aus dem eigenen Einkauf oder der IT den verantwortungsvollen Posten. Als Lizenzmanager müssen sie mental belastbar sein. Einerseits vermitteln sie zwischen den Budget-Hütern, den IT-Kollegen und der Geschäftsleitung. Das Moderieren und Ausgleichen kostet viel Kraft und setzt ein Kommunizieren mit den Beteiligten auf deren Fachsprachenebene voraus.
Anderseits ist es ihre Pflicht, sich durchzusetzen. Denn ein Lizenzmanager hat die Bürde der Compliance-Verantwortung zu schultern. Der Einkauf stimmt schnell zu, sobald ein Aufräumen im Software-Pool oder das Aufspüren und Verhindern von Lizenzverstößen viel Geld spart. Administratoren brechen jedoch nicht gerade in Begeisterung aus, wenn sie ein Lizenzmanager mit einspannt. Denn diesem die Daten zu besorgen, wo wann welche Software läuft, verursacht Mehrarbeit.
Ohne die technische Abfrage kann ein Lizenzexperte jedoch nicht beurteilen, ob alle Nutzungsbestimmungen der Hersteller und Gesetze eingehalten werden. Einen Lizenzmanager darf das Bürokratendeutsch nicht abschrecken, in dem Hersteller ihre Vertrags- und Lizenzbestimmungen oft formulieren lassen. Dort steht bei dem einen oder anderen Anbieter, in welchen Ausnahmefällen eine Testinstallation nichts kostet.
Ein Lizenzmanager muss deshalb Administratoren dafür sensibilisieren, dass Testumgebungen meistens kostenpflichtig sind. Auch ein Update kann zu Lizenzkonflikten führen, da je nach Hersteller die Lizenzbestimmungen verschiedener Produkt-Releases variieren können.
Über interne Audits „gesunden“
Für den Lizenzmanager steht an erster Stelle, Auditrisiken zu erkennen und zu beseitigen. Den nötigen Überblick verschafft er sich mit einem internen Audit („Health Check“), das alle Lizenzen der aktuell verwendeten Software erfasst. Die Fachbereiche melden hierfür ihren Software-Bedarf, den der Lizenzexperte in die erforderlichen Metriken umrechnet und mit dem Ist-Stand abgleicht. Die Prüfung kann sich je nach Firmengröße über Wochen, manchmal sogar Monate hinziehen, selbst wenn intelligente Scan-Tools zum Einsatz kommen.
Hinterlässt Software auf dem Endgerät eine eindeutige Signatur, entgeht dem Scanner nichts. Bei IBM-Software-Produkten sieht das schon anders aus. Hier muss die tatsächliche Nutzung der Software in der Regel komplett manuell ermittelt werden. Allerdings plausibilisiert weder die manuelle Erhebung noch der beste Scanner die vertragsrechtlichen Bedingungen.
Ein Beispiel ist das IBM-Software-Portfolio, das 5.500 Produkte (ohne SaaS) und 150 Metriken umfasst: Der Konzern bietet zwar das IBM License Metric Tool (ILMT), mit dem sich für eine Handvoll Metriken ermitteln lässt, was wo und in welchem Umfang installiert ist. Allerdings sind bei manchen Produkten zwei Umrechnungen nötig, um den tatsächlichen Lizenzbedarf festlegen zu können. Solches Detailwissen befähigt dazu, richtig zu lizenzieren und überflüssige Lizenzverträge zu kündigen. Unterm Strich lassen sich so oft zehn- bis hunderttausende Euro sparen.
Am Ende eines internen Audits hat ein Lizenzmanager idealerweise Prozesse durchgesetzt, die Automatismen für eine Compliance-gerechte Softwarenutzung vorsehen. Beispielsweise laufen jeder Einkauf und bestimmte Updates immer über den Lizenzverantwortlichen, der diese Anfragen freigeben muss. Um jedoch dorthin zu kommen, verursachen Microsoft, Oracle, IBM, VMware, SAP oder Adobe ein Menge Arbeit. Es empfiehlt sich daher für viele Unternehmen, dem eigenen Lizenzmanager noch externe Unterstützung zur Seite zu stellen.
Der Teamplayer vollstreckt die Vorlagen
Den Algorithmus, der einen Lizenzmanager überflüssig macht, gibt es noch nicht. Nur der Experte kann Inventardaten und Lizenzrecht zusammenbringen. Auf dem Weg dahin hilft es ihm, sein kaufmännisches, lizenzrechtliches und technisches Wissen rund um den Software-Pool zu vertiefen. So fällt es ihm zumindest leichter, sich mit der IT, dem Einkauf und der Geschäftsführung zu verständigen. Beim Durchsetzen der lizenzrechtlichen Vorgaben ist dann sein Gespür und Geschick als Teamplayer gefragt, der die Vorlagen seiner Mitspieler verwertet – vor allem die aus der IT-Abteilung. Diese spielt eher mit, wenn sie dem neuen Lizenzmanager nicht erst erklären muss, was ein Hypervisor ist.
Mathias Sellnow